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Herausragende Millimeter-Arbeit: Säugling mit seltener Erkrankung durch Operation gerettet
Wochenlang haben Jessica und André Becker aus Kiel um ihren Sohn Theo gebangt. Eine seltene Erkrankung der Bauchspeicheldrüse ließ die Blutzuckerwerte des Neugeborenen lebensbedrohlich sinken. Weltweit können nur vier Einrichtungen mit einer Operation helfen. Die Klinik für Kinderchirurgie im Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB) ist eine davon.
OP geglückt, Kind gesund. Familie Becker verabschiedet sich von den Oberärzten Mustafa El-Ahmer (r.) und Dr. Hendrik Voßschulte (l.) und fährt zurück nach Kiel. Foto: Mario Haase
„Nach der Geburt sah alles ganz normal aus“, erzählt Jessica Becker. Die 37-jährige Rechtsanwältin hatte zunächst den Eindruck, ihr Sohnemann, noch keine 24 Stunden alt, sei ein ganz besonderer Vielfraß. Aber schon am zweiten Tag seines Lebens wurde er so müde und schlapp, dass er nicht mehr selber trinken wollte. Statt ins Familienidyll in der Hansestadt entlassen zu werden, schlossen sich für die Beckers mit ihrem Theo fünf sorgenvolle Wochen auf der Intensivstation für Neugeborene an. Denn sein Blutzuckerwert lag bei 12. Der sollte üblicherweise über 60 liegen.
Hyperinsulinismus – das Gegenteil von Diabetes
„Was Theo hatte nennen wir einen angeborenen Hyperinsulinismus, das ist in etwa das Gegenteil von Diabetes. Die Bauchspeicheldrüse produziert dabei zu viel Insulin, so dass eine ständige Unterzuckerung entsteht. Davon kann das Gehirn dauerhaft Schaden nehmen, es ist sogar lebensgefährlich“, erklärt Prof. Dr. Winfried Barthlen, Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie am EvKB. Die Erkrankung ist überaus selten, nur etwa 20 Kinder sind in Deutschland pro Jahr betroffen. Etwa zehn von ihnen haben eine Ausprägung, bei der Prof. Barthlen in Bielefeld mit einer speziellen Operationsmethode helfen kann, die sonst nur in London, Paris und Philadelphia angeboten wird.
„Indem wir den Teil der Bauchspeicheldrüse entfernen, der das Insulin unkontrolliert ausschüttet, ist das Problem beseitigt“, weiß Kinderchirurg Prof. Barthlen. Die besondere Herausforderung: „Die betroffene Region, die wir entfernen müssen, ist nur fünf Millimeter groß und mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Sie zu finden ist echte Kunst und besonders wichtig. Denn wenn wir zu große Anteile der Bauchspeicheldrüse entfernen würden, wäre die Folge ein Diabetes“, so Barthlen. Nur eine spezielle Bildaufnahme mit PET/MRT lüftet das Geheimnis, an welcher Stelle er und sein Team bei der Operation exakt ansetzen müssen. Um sicherzugehen, dass er genau die Bilder bekommt, die er in Bielefeld für den Eingriff benötigt, begleitet der Chefarzt seine jungen Patienten vorher nach Berlin, wo diese Untersuchung durchgeführt werden kann.
Die Aussichten für das Leben des Kindes sind nach der Operation bestens. „Die Eltern haben dann ein völlig gesundes Kind“, so die Erfahrungen des Spezialisten, der erst im Oktober als neuer Chefarzt von Greifswald nach Bethel gekommen ist. Und auch Jessica und André Becker sind froh, dass Theo sich nach dem Eingriff prächtig entwickelt. „Die Blutzuckerwerte sind im grünen Bereich, wir sind alle zuhause. Das ist wie ein kleines Wunder!“, strahlt Theos glückliche Mama.
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Klinik für Kinderchirurgie und Kinder- und Jugendurologie