Herzrhythmusstörungen: Wenn das Herz aus dem Rhythmus gerät
Das Expertenteam aus der Klinik für Innere Medizin, Kardiologie, Nephrologie und Diabetologie im Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB) mit Chefarzt Privatdozent Dr. Carsten Israel und Oberärztin Christine Bachour informierten online zum Thema „Herzrhythmusstörungen“.
„Die Fachleute sprechen von Arrhythmien. Und das bedeutet eine unregelmäßige Abfolge des Herzschlags, die vom Normalen abweicht. Und es stellt sich die Frage: Ist es etwas Gefährliches oder nicht?“, erklärt Chefarzt PD Dr. Carsten Israel, der auch Leiter der Ausbildungsstätte für Spezielle Rhythmologie im EvKB ist.
„Grundsätzlich ist zu sagen, dass jeder Mensch so ungefähr 100.000 Herzschläge pro Tag hat und davon sind circa 200 Extraschläge. Es ist also relativ normal. Und da wir alle unterschiedlich sind, spüren einige Menschen jeden Extraschlag und andere merken überhaupt nichts. Ein Beispiel: Ein Schlag kommt früher und danach entwickelt sich ein Gefühl, also ob das Herz etwas einzieht und nach einem Extraschlag macht das Herz eine kleine Pause. Das passiert tagsüber und man bekommt gar nichts davon mit. Doch abends, wenn man sich schlafen legen möchte, spürt man etwas, ist beunruhigt und kann nicht schlafen.“ Und genau in diesen Momenten stellt man sich die Frage, ob es gefährlich ist, wenn das Herz aus dem Takt gerät.
„Wirklich Fundiertes kann man zwar nur durch ein EKG herausfinden, doch ein paar einfache Kriterien dienen zur Orientierung. Menschen, die ein gesundes Herz haben, keine bekannte Herzerkrankung, gut belastbar sind und dann auch noch nie ohnmächtig waren, bei denen ist es extrem wahrscheinlich, dass die Herzrhythmusstörungen ungefährlich sind. Anders sieht es bei Patienten aus, die eine Herzerkrankung haben oder hatten. Wer zum Beispiel mal einen Herzinfarkt überlebt hat, bei dem kann Herzstolpern möglicherweise ein Warnzeichen sein. Ebenso sollten Menschen, die Beschwerden bei Belastungen haben oder – ganz wichtig – die schon einmal bewusstlos wurden, unbedingt beim Haus- oder Facharzt überprüfen lassen, was dahintersteckt“, erläutert PD Dr. Israel.
Neben den Extraschlägen gibt es noch weitere Rhythmusstörungen. „Das Herz hat ein eigenes Kraftwerk. Der Sinusknoten ist der Haupttaktgeber für den Herzschlag und der kann fehlerhaft arbeiten. Wenn er zu langsam arbeitet, ist man schlecht belastbar oder fällt einfach plötzlich um. In Deutschland ist die Ursache Nummer eins bei Herzrhythmusstörungen hoher Blutdruck, gefolgt von Herzerkrankungen, Lungenerkrankungen, Medikamenten und leider gibt es auch immer wieder Patientinnen oder Patienten, bei denen die Ursache nicht zu ergründen ist.“
Es gibt allerdings auch Fälle, in denen der Puls normal ist, doch dieser Ausgangsrhythmus nicht entsprechend weitergeleitet wird. Dann funktioniert die Schaltzentrale, der sogenannte AV-Knoten nicht richtig. Diese Herzrhythmusstörung wird AV-Block genannt. „Bei einem AV-Block ist die Überleitung der Erregung vom Vorhof auf die Kammern behindert oder unterbrochen. Das EKG gibt uns Aufschluss über die Erkrankung, die bis zum Herzstillstand führen kann. Doch ich kann jedem die Angst nehmen, denn die Therapie ist der Herzschrittmacher. Das ist ein kleiner Eingriff, vor dem niemand Angst haben muss.“
Die Rhythmusstörung kann an einem zu langsamen Herzschlag liegen oder auch an einem zu schnellen. „Jeder hat schon mal Herzrasen gehabt. Wenn man es eilig hat, wenn man sich aufregt oder wenn man verliebt ist – das ist normal. Der Puls wird allmählich schneller und dann wieder langsamer. Aber es gibt auch anfallsartiges Herzrasen. Es läuft plötzlich schnell und wird wieder normal. Dafür gibt es unterschiedliche Ursachen. Zum Beispiel werden Menschen mit zwei Reizleitungen geboren, die zu irritierenden Impulsen führen. Eine gute Therapie ist per sogenannter Katheter-Ablation eine Leitung zu veröden. Und die Beschwerden sind weg.“
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Zu schnell, zu langsam oder Extraschläge sind häufige Herzrhythmusstörungen, aber zu den häufigsten gehört das Vorhofflimmern. Christine Bachour, Oberärztin in der Klinik für Innere Medizin und Kardiologie im EvKB: „Menschen kommen zu uns mit sehr viel Angst und beschreiben ihre Beschwerden folgendermaßen: Das Herz schlägt ihnen bis zum Hals, sie haben Luftnot und Schweißausbrüche. Vorhofflimmern steht meistens im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen, schwerpunktmäßig mit Bluthochdruck, aber auch mit Durchblutungsstörungen oder Herzmuskelschwäche.“
Das Risiko, an Vorhofflimmern zu erkranken, steigt mit dem Alter, Männer erkranken häufiger als Frauen. „Vorhofflimmern ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Es steigert nämlich erheblich das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Ganz wichtig ist es, einen gesunden Lebensstil zu führen. Das heißt an erster Stelle, mögliches Übergewicht zu reduzieren und nicht zu rauchen“, rät Christine Bachour. Zur Therapie muss das individuelle Risiko festgestellt werden. Ziel ist es, den Herzschlag zu normalisieren.
„Da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: Eine ist, bei anhaltenden Beschwerden den Sinusrhythmus durch elektrische Reizung – der Fachbegriff heißt Elektrokardioversion – wiederherzustellen. Allerdings ist die Wirkung zeitlich begrenzt. Medikamente können auch dafür sorgen, den Rhythmus regelmäßig zu halten und für manche Patientinnen und Patienten ist eine gute Therapie das Vorhofflimmern weiterlaufen zu lassen, aber mit einer engen Kontrolle.“
Vorhofflimmern wird vom Wort her manchmal mit Kammerflimmern verwechselt, der gefährlichsten Herzrhythmusstörung. Unbehandelt führt die innerhalb kürzester Zeit zum Herzkreislaufstillstand. In dem Fall sei schnelles Handeln angesagt, so Christine Bachour: „Die 112 anrufen und sich trauen mit der Herzdruckmassage zu beginnen bis die Profis kommen. Niemand kann etwas falsch machen, außer man schaut nur zu“.
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Behandlung von Herzrhythmusstörungen in der Klinik für Innere Medizin, Kardiologie, Nephrologie und Diabetologie im EvKB
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