Das Erdgeschoss im EvKB inklusive Kapelle und Vorplatz verwandelte sich zum 3. Selbsthilfetag in eine bunte Ausstellungsfläche. Über 70 Selbsthilfegruppen, die sich mit gesundheitlichen Problemen beschäftigen, hatte ihre Stände aufgebaut, um den Besuchern vielseitiges Infomaterial anzubieten und gleichzeitig als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Das abwechslungsreiche Unterhaltungsprogramm mit Videoclips, Mitmachparcours, köstlichen Appetithappen und guter Musik rundeten den Aktionstag ab.
Im Sinne der Patienten
„Selbsthilfe ist nicht immer bequem für die Profis im Gesundheitswesen, aber das muss sie auch nicht.“ Die Grußworte zur Eröffnung der Veranstaltung von Oberbürgermeister Pit Claussen hatten eine deutliche Sprache. „In der Praxis klappt die Zusammenarbeit bestens. Mit dem spezifischen Erfahrungswissen, das wir durch die Selbsthilfe haben, wird das Handeln der Profis qualitativ erweitert – und alles im Sinne der Patienten“, betonte Hausherr Dr. Rainer Norden.
Angehörige miteinbeziehen
Berührungsängste und Vorurteile gegenüber der Selbsthilfe sind über die letzten vier Jahrzehnte abgebaut worden. „Das Miteinander ist in unserer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie sehr eng. Wir sehen nicht unsere Patienten, die in der Selbsthilfe eine weitere Hilfsebene finden, sondern auch die Angehörigen, die mit einbezogen werden müssen. Da leisten Selbsthilfegruppen eine unschätzbar wichtige Arbeit“, betonte in einer Diskussionsrunde zur Eröffnung Prof. Dr. Martin Driessen, Ärztlicher Direktor im EvKB. Es herrschte Einigkeit auf dem Podium, dass sich die Selbsthilfe zur 4. Säule im Gesundheitswesen entwickelt hat.
Das Angebot am 3. Selbsthilfetag unterstrich diese Position. „Selbsthilfe hat im vergangenen Jahr 30 Millionen Euro zusätzlicher Förderung bekommen“, informierte Matthias Rotter, Geschäftsführer des Paritätischen Bielefeld. Schließlich spielt eine finanzielle Ausstattung durchaus eine gewichtige Rolle.
Wertschätzung ist das Zauberwort
„Geld ist das eine – Wertschätzung das andere. Das beginnt damit, dass wir zu den richtigen Ansprechpartner vordringen“, resümierte Wolfhard Frost, Sprecher der Selbsthilfegruppen, die es seit diesem Jahr noch einfacher haben, denn mit Sandra Kläsener hat das EvKB eine fixe Ansprechpartnerin.
Die gegenseitige Akzeptanz passte an diesem Selbsthilfetag, denn sonst hätten die Organisatorinnen Christa Steinhoff-Kemper von der Selbsthilfe Kontaktstelle des Paritätischen und EvKB-Selbsthilfebeauftragte Sandra Kläsener nicht so ein umfangreiches Programm zusammenstellen können. Ein Vorzeigebeispiel waren die Tandem-Vorträge, in denen sich Mediziner und Therapeuten gemeinsam mit Vertretern von Selbsthilfegruppen präsentierten. „Ein befriedigender Ansatz, weil wir jede Frage individuell und umfassend beantworten konnten“, urteilte Andreas Tilly von der Selbsthilfegruppe HandanHand zufrieden. Gemeinsam mit Prof. Florian Weißinger thematisierte Tilly das Leben mit Krebs. Ein weiteres Angebot, das zeigte, wie weit die Kliniken die Türen für die Selbsthilfe öffnen, stand unter der Überschrift „Meet the professor“. Prof. Martin Krüger, Chefarzt für Innere Medizin und Gastroenterologie stand gemeinsam mit der Gruppe für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs, in seinen Klinikräumen für alle Fragen zur Verfügung.
Antworten finden
Beim 3. Selbsthilfetag zeigte sich, dass Ratsuchende Antworten finden, ganz egal ob sie eine häufige oder seltene Erkrankung habe. Ein Beispiel dafür war der Verein Shaki (Schlaganfall Kinder) und deren Ansprechpartnerin Anja Gehlken, die für ihr Engagement in diesem Jahr von einer Zeitschrift ausgezeichnet wurde. Bei Erwachsenen ist der Schlaganfall häufig, bei Ungeborenen, Säuglingen und Kindern selten. Im Duo mit Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Schäbitz, Chefarzt der Neurologie im EvKB, machte sie deutlich, wie wichtig es ist, das Bewusstsein zu schärfen. „Bei meiner Tochter hat es Jahre gedauert, bis die Diagnose Schlaganfall gestellt wurde“, so Gehlen. „Auch junge Erwachsene wollen oft nicht wahrhaben bzw. denken nicht daran, dass sie einen Schlaganfall haben könnten“, so Schäbitz, der auch aus diesem Grund mit Cartoonist Ralph Ruthe ein Aufklärungsvideo zu den Schlaganfall-Anzeichen gemacht hat.
Das Resumé eines Tages, der unter dem Motto Begegnen-Beraten-Bewegen stand, zeigt, dass die Selbsthilfe Zukunft hat. Tausend Menschen sind sich begegnet. Es haben sich viele beraten lassen und alle werden etwas bewegen.