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Versorgungslücken bei postinfektiösen Erkrankungen: Jürgen Dusel fordert schnelles Handeln
Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, hat sich bei einem Besuch im Kinderzentrum des EvKB – Evangelisches Klinikum Bethel – ein persönliches Bild von der Situation von Kindern und Jugendlichen mit Myalgischer Enzephalomyelitis/Chronischem Fatiguesyndrom (ME/CFS), Post-/Long-COVID und ähnlichen postinfektiösen Erkrankungen gemacht. Im Austausch mit betroffenen jungen Menschen, ihren Familien sowie dem Behandlungsteam versprach er, sich politisch für bessere Versorgungsstrukturen einzusetzen.
Im Gespräch: Jürgen Dusel mit Nicole Wockenfuß, Dr. Jeremy Schmidt und Bennett Wockenfuß (v. l.).
„Meine Aufgabe ist es, das Bindeglied zwischen der Bundesregierung und Menschen zu sein, die beispielsweise so erkrankt sind wie du“, sagte Dusel im Gespräch mit dem elfjährigen Bennett Wockenfuß aus Braunschweig. Bennett leidet seit einer Infektion unter ME/CFS, hat schwere, dauerhafte Erschöpfung und Konzentrationsprobleme, kann seit Monaten nicht mehr regulär am Schulunterricht teilnehmen und wird zu Hause unterrichtet – sofern seine Kräfte es zulassen. „Oft müssen wir selbst diese halbe Stunde absagen“, berichtet seine Mutter Nicole Wockenfuß.
Bennett verbringt den Großteil seiner Zeit im Bett. Kurze Online-Kontakte mit Freunden zum Spielen und der Austausch mit Betroffenen innerhalb einer Selbsthilfegruppe sind für ihn wichtige Lichtblicke. Sein größter Wunsch: wieder in die Schule gehen und Fußball spielen zu können.
Versorgt wird Bennett wie viele andere Betroffene in der „Pädiatrischen Ambulanz für Postakute Infektionssyndrome (PAIS), Post-Covid und ME/CFS“ am EvKB. „Wir haben früh erkannt, dass es hier ein Versorgungsdefizit gibt, und eigene Mittel eingesetzt, um eine spezialisierte Ambulanz aufzubauen“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Eckhard Hamelmann, Direktor der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin.
Seit März ist die Ambulanz Teil des bundesweiten Netzwerks „PEDNET-LC“, in dem 65 Kliniken und Forschungsinstitute zusammenarbeiten. Das vom Bundesgesundheitsministerium bis Mitte 2027 geförderte Projekt zielt auf eine bessere Diagnostik und Therapie für Kinder und Jugendliche mit Long COVID-ähnlichen Erkrankungen. Bethel ist eines von 20 Versorgungszentren bundesweit. „Dank der Förderung konnten wir die Behandlungsqualität deutlich steigern und haben mehr Zeit für die Patienten“, sagt Dr. Jeremy Schmidt, der die Ambulanz seit 2022 mit aufgebaut hat.
Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel (Mitte), informierte sich bei Univ.-Prof. Dr. Eckard Hamelmann, Dr. Jeremy Schmidt, Marie Griggel und Dr. Matthias Ernst (v. l.) im Kinderzentrum Bethel über die Versorgung junger Patienten mit Long COVID-ähnlichen Erkrankungen.
Vor diesem Hintergrund betont EvKB-Geschäftsführer Dr. Matthias Ernst die langfristige Verantwortung der Kliniken: „Die Versorgung dieser Kinder darf kein zeitlich begrenztes Projekt bleiben. Wir wollen die aufgebauten Strukturen nachhaltig sichern und uns auch künftig aktiv an der Weiterentwicklung verlässlicher Versorgungsangebote für chronisch kranke Kinder und ihre Familien beteiligen.“
Zum multiprofessionellen Team gehört auch Psychologin Marie Griggel. Sie berichtet von erheblichen psychosozialen Belastungen: „Viele Familien fühlen sich alleingelassen, nicht ernst genommen und kämpfen täglich um Anerkennung und Unterstützung.“
Wie schwer die Folgen sein können, schilderte auch der 17-jährige Lewin Althoff. Ständige Kopfschmerzen, monatelange Bettlägerigkeit und massive Kreislaufprobleme führten dazu, dass er seine Zwischenprüfungen nur unter großen Schwierigkeiten erreichte und das Ziel, das Abitur zu absolvieren, stark gefährdet ist. Seine Mutter reduzierte ihre Arbeitszeit deutlich, der Vater berichtet von Problemen bei der Anerkennung von Unterstützungsbedarfen. „Man ist stark auf die Familie angewiesen – das belastet uns alle.“
Zum Abschluss des Besuchs benannten Univ.-Prof Dr. Eckard Hamelmann und Dr. Jeremy Schmidt zentrale Handlungsfelder: die Überführung der aufgebauten Strukturen in die Regelversorgung, eine konsequente Weiterführung der biomedizinischen Forschung sowie den Ausbau begleitender Unterstützungsangebote – von Schule und Pflege bis hin zur Telemedizin.
Jürgen Dusel sicherte den Familien seine Unterstützung zu: „Was hier geschildert wurde, steht stellvertretend für Zehntausende Betroffene in Deutschland. Diese Berichte unterstreichen die Dringlichkeit des Handelns.“
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Pädiatrischen Ambulanz für Postakute Infektionssyndrome (PAIS), Post-Covid und ME/CFS am EvKB
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