Plötzlich verwirrt im Krankenhaus: EvKB weitet Delirprävention aus
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Plötzlich verwirrt im Krankenhaus: EvKB weitet Delirprävention aus

Sie wissen plötzlich nicht mehr, wo sie sind oder was mit ihnen geschieht – wenn ältere Menschen ins Krankenhaus müssen, können sie in einen Zustand...

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menschlich. führend. kompetent.
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Um gefährlichen Delirien vorzubeugen oder sie zu behandeln bieten wir mit dem innovativen Programm help+ ein Plus für unsere älteren Patienten.

help+ Das Delir vermeiden

„Zu Hause ist mein Angehöriger ganz anders!"

Diesen Satz hören wir in unserem Klinikalltag immer wieder. Während eines Krankenhausaufenthalts kann es vorkommen, dass insbesondere ältere Patientinnen und Patienten plötzlich verwirrt sind und ein auffälliges oder ungewöhnliches Verhalten zeigen. In der Fachsprache wird dieser Verwirrtheitszustand Delir genannt. Früher als „Durchgangssyndrom“ verharmlost, ist heute klar, dass ein Delir eine schwerwiegende Komplikation während des Krankenhausaufenthalts darstellt und viele Risiken birgt. Gleichzeitig gibt es Möglichkeiten, das Delir von vornherein zu verhindern. Dafür setzen wir am Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB) seit 2012 erfolgreich das Programm help+ ein.

Ein Programm zur Vermeidung des Delirs

help+ ist ein nicht-medikamentöses Programm, um Delirien zu vermeiden: ein Delir-Präventionsprogramm. Es ist ein besonderes Angebot für über 70-jährige Patientinnen und Patienten im EvKB. Das multimodale Angebot trägt nachweislich dazu bei, dass weniger ältere Menschen ein Delir entwickeln. Das Team von help+ besteht aus Fachkräften unterschiedlicher Disziplinen und geschulten Freiwilligen. Sie unterstützen und begleiten ältere Patientinnen und Patienten während ihres Krankenhausaufenthaltes.

Was ist ein Delir?

Das Delir bezeichnet eine akute Verwirrtheit, die mit einem plötzlich auftretenden, auffälligen Verhalten der Patientin oder des Patienten einhergeht. Aufmerksamkeit, Denken, Handeln und Bewusstsein sind verändert. Der Begriff Delir stammt aus dem Lateinischen: „De lira ire“ bedeutet so viel wie „aus der Spur geraten“. Das Delir ist ein Syndrom, das insbesondere bei älteren Menschen im Krankenhaus häufig auftritt. Je nachdem, wie der Gesundheitszustand ist, welche Erkrankung der Krankenhauseinweisung zugrunde liegt (z.B. Knochenbruch, Infektion), welche Behandlung durchgeführt wird (z.B. operativer Eingriff) und in welcher Fachabteilung die Person versorgt wird (z.B. Intensivstation) liegt die Delir-Häufigkeit zwischen 5 Prozent und 82 Prozent.

Für ein Delir gibt es viele verschiedene Ursachen. Ältere Menschen, die bereits unter mehreren chronischen Erkrankungen leiden, kognitive Einschränkungen aufweisen, viele Medikamente einnehmen und gebrechlich sind, sind besonders anfällig für eine akute Verwirrtheit. Sie können die Akuterkrankung, die zur Einweisung ins Krankenhaus geführt hat, oft schlechter kompensieren und tragen ein größeres Risiko für Komplikationen. Das Delir, die akute Störung des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit sowie die Verschlechterung kognitiver Funktionen, stellt eine häufige und schwerwiegende Komplikation im Rahmen des Krankenhausaufenthaltes dar.

Ein Delir kann durch fast jede akute körperliche Erkrankung, aber auch durch psychische Belastungen ausgelöst werden, z.B. durch:

  • Entzündungen, Infektionen, Verletzungen
  • Nach Operationen/Narkosen
  • Stoffwechselstörungen
  • Nahrungs- und Flüssigkeitsmangel
  • Schmerzen
  • Psychische Belastung und Stress (z.B. unvertraute Umgebung im Krankenhaus, Untersuchungen, unbekannte Personen)
  • Nebenwirkungen von Medikamenten
  • Beeinträchtigung der Wahrnehmung (z.B. durch fehlende Brille oder Hörgeräte)
  • Entzug von Rauschmitteln wie Nikotin, Alkohol oder Medikamenten (z.B. Schlafmittel)

Beispielhafte Erscheinungsformen eines Delirs:

  • Die Personen wissen plötzlich nicht mehr, wo sie sich befinden, oder warum sie im Krankenhaus sind. Sie sind phasenweise zeitlich, örtlich und situativ desorientiert.
  • Gerade erst Geschehenes oder Gesagtes können sich Menschen mit Delir oft nicht merken und geben daher auf Fragen ungewöhnliche oder unpassende Antworten.
  • Die Betroffenen sind unkonzentriert und leicht ablenkbar.
  • Die Personen sind schläfrig, verlangsamt oder apathisch, wirken den ganzen Tag über teilnahmslos.
  • Der Zustand der Betroffenen wechselt, mal sind sie klar und orientiert, dann wieder stark verwirrt.
  • Zeitweise sind Menschen mit Delir unruhig, ärgerlich und streitbar. Andererseits sind sie oft auch niedergeschlagen, teilnahmslos und ängstlich.
  • Manche Personen leiden unter Halluzinationen und sehen, hören oder riechen Dinge, die nicht existieren.
  • Besonders häufig kommt es zu einem umgekehrten Tag-Nacht-Rhythmus. Dann schlafen die Betroffenen tagsüber und sind in der Nacht hellwach und aktiv.

Die Symptome sind im Tagesverlauf mal stärker und mal weniger stark ausgeprägt. In der Regel lassen sie nach einigen Tagen oder Wochen wieder nach. Manchmal kann es noch länger dauern, bis das Delir vollständig abgeklungen ist. Es führt bei Betroffenen häufig zu einer Verschlechterung der Alltagsfähigkeiten, zu Stürzen oder zu weiteren Komplikationen. Insbesondere bei Menschen mit einer vorbestehenden Demenz können sich die geistigen Fähigkeiten nach einem Delir verringern.

Der Verlust von Alltagsfähigkeiten und Gefühle von Hilflosigkeit und Desorientierung stellen sowohl für die Betroffenen als auch für ihre Angehörigen eine belastende Erfahrung dar.

Um ein Delir zu behandeln, ist es wichtig, die Ursachen und Auslöser zu erkennen und diese – falls möglich – zu beseitigen (z.B. durch die Therapie einer Infektion oder eines Flüssigkeitsmangels). Zudem sollten stressauslösende Faktoren reduziert werden. Das Delir selbst kann nicht mit Medikamenten behandelt werden.  

In Anbetracht des hohen Delir-Risikos Älterer, der schweren Folgen für die Betroffenen sowie der schlechten Behandlungsmöglichkeiten sind vorbeugende (präventive) Ansätze von besonderer Bedeutung. Schätzungen zufolge gilt das Delir in 30 bis 40 Prozent der Fälle als vermeidbar. Ziel muss es also sein, Risikofaktoren und kognitive Einschränkungen frühzeitig zu erkennen, um Patientinnen und Patienten im Krankenhaus mit präventiven Maßnahmen optimal versorgen und begleiten zu können. Auf die Umsetzung dieser Strategien setzt auch das Programm help+.

Delirprävention: help+

Die Ursprünge von help+ liegen im US-amerikanischen HELP („Hospital Elder Life Program“ nach Sharon K. Inouye), welches von Expertinnen und Experten am EvKB an das deutsche Gesundheitssystem angepasst und 2012 eingeführt wurde. Aktuell wird das Programm in den Kliniken für Unfallchirurgie und Orthopädie, der Neurologie, Neurochirurgie, Kardiologie und Pneumologie im Haus Gilead I angeboten. Durch das help+ Programm konnte hier die Delirrate nachweislich reduziert werden.

Das Team von help+ besteht aus Fachkräften unterschiedlicher Disziplinen (z.B. Pflege, Gerontologie) und geschulten Freiwilligen. Sie unterstützen das ärztliche, pflegerische und therapeutische Behandlungsteam in der Versorgung der älteren Patientinnen und Patienten.

Die hauptamtlichen Mitarbeitenden des help+ Teams identifizieren Patientinnen und Patienten ab 70 Jahren, die Risikofaktoren für ein Delir aufweisen (z.B. kognitive Defizite, Hör- und/oder Sehprobleme, Mehrfachmedikation). Dafür werden persönliche Gespräche geführt und unterschiedliche Instrumente wie Tests und Befragungen genutzt. Weisen Patientinnen und Patienten ein Delir-Risiko auf, werden sie in das help+ Programm aufgenommen. Anschließend wird ein individuell abgestimmter Interventionsplan erstellt. Zu den Interventionen gehören z.B.:

  • Hilfen zur Orientierung (Plusbesuch)
  • Maßnahmen zur kognitiven Stimulation und kognitives Training (Aktivbesuch)
  • Angebote zur Bewegungsförderung (Fitbesuch)
  • und zur Unterstützung bei den Mahlzeiten (Mahlzeitenbegleitung).

Die Interventionen werden überwiegend von geschulten Freiwilligen umgesetzt, die jeden Tag – auch am Wochenende – für die Patientinnen und Patienten im Einsatz sind. Die jeweiligen Maßnahmen werden auf die Bedarfe, Bedürfnisse und Fähigkeiten der Patientinnen und Patienten abgestimmt.

Die Fachkräfte im help+ Programm unterstützen die Kolleginnen und Kollegen auf den Stationen, indem sie z.B. Schulungen zu altersspezifischen Themen und Einzelfallvisiten bei Patientinnen und Patienten durchführen

Das help+ Programm hat folgende Ziele:

  • Verbesserung der Versorgungssituation und der Versorgungsqualität von älteren Patientinnen und Patienten im Krankenhaus
  • Vermeidung von Delirien
  • Begleitung und Unterstützung von Personen mit einem Delir
  • Erhalt und Fördeurng der geistigen (kognitiven) und körperlichen Fähigkeiten
  • Erhalt der Selbstständigkeit
  • Vermeidung und Reduktion von weiteren Komplikationen (z.B. Sturz, Dekubitus)
  • Förderung des Wohlbefindens

Poster: Delirprävention und -management

 

Unser Poster präsentiert die Inhalte des help+ Programms am EvKB.

Viele Maßnahmen, die zur Vermeidung eines Delirs oder im Umgang mit Menschen mit einem Delir wichtig sind, können Sie auch selbst umsetzen.

Download

Team

Angela Nikelski

Gesundheits- und Krankenpflegerin
M. Sc. Public Health, B. Sc. Health Communication
Programmleitung help+


angela.nikelski@evkb.de
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Julia Bringemeier

Diplom-Gerontologin
Screening, Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit, Begleitung Externe (z.B. Hospitationen/Praktika)


Tel: 0521 772-79398

Tel: 0521 772-79398

julia.bringemeier@evkb.de

Annika Maybaum

Diplom-Sozialpädagogin
Screening, Freiwilligenarbeit (FSJ)


Tel: 0521 772-79398

Tel: 0521 772-79398

annika.maybaum@evkb.de

Petra Oßieck

Gesundheits- und Krankenpflegerin, Fachkrankenschwester für Psychiatrie, Primary Nurse
Screening, Einzelfallvisiten


petra.ossieck@evkb.de

Stefanie Feldmann

Diakonin, Gesundheits- und Krankenpflegerin, Case-Managerin
Screening, Einzelfallvisiten


stefanie.feldmann@evkb.de

Lisa Gellrich

B.Sc. Psychologie
Betreuungsassistentin, Screening


lisa.gellrich@evkb.de

Andrea Michalski

Betreuungsassistentin, Screening


andrea.michalski@evkb.de

Annette Schulze Bonsel

Gesundheits- und Krankenpflegerin, Primary Nurse
Screening, Einzelfallvisiten


annette.schulze-bonsel@evkb.de

Corinna Tabbert

Gesundheits- und Krankenpflegerin, Mentorin im Pflegedienst
Screening, Einzelfallvisiten

 


corinna.tabbert@evkb.de

Programmverantwortung

Dr. med. Stefan Kreisel

M. Sc. Epidemiology, Ärztliche Leitung Abteilung für Gerontopsychiatrie


Tel: +49 521 772-78695

Tel: +49 521 772-78695

stefan.kreisel@evkb.de
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Katja Rosenthal-Schleicher

Pflegerische Fachbereichsleitung Neuro


Tel: 0521 772-78025

Tel: 0521 772-78025

katja.rosenthal-schleicher@evkb.de

Kontakt

Evangelisches Klinikum Bethel
help+ Programm
Haus Burgblick
Bethesdaweg 10
33617 Bielefeld
Tel. 0521 772-79398 und -79399

Audio

WDR 5: Das psychologische Radio
Delir – Operation gelungen, Patient verwirrt

Ausgezeichnet durch das Land NRW

Unsere Auszeichnungen

Qualitätssiegel MRSA

Für ihre Maßnahmen gegen die Verbreitung multiresistenter Erreger (MRE) sind das Evangelische Klinikum Bethel (EvKB) und das Krankenhaus Mara vom MRE-Netzwerk Nordwest mit dem Qualitätssiegel MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) ausgezeichnet worden. Das Siegel wird nur an Krankenhäuser vergeben, die in 10 verschiedenen Qualitätszielen zur Verhinderung der Verbreitung von MRSA punkten.

Aktion Saubere Hände Gold

Mit dem Gold-Zertifikat für die Jahre 2022 und 2023 hat das Evangelische Klinikum Bethel die höchste Auszeichnung der "Aktion saubere Hände" für Maßnahmen zur Krankenhaushygiene erhalten.

https://www.aktion-sauberehaende.de/ash/ash/ _blank

Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V.

Das Evangelische Klinikum Bethel ist Mitglied im Aktionsbündnis Patientensicherheit, um unseren Patienten eine größtmögliche Sicherheit bei ihrer Behandlung zukommen zu lassen.

http://www.aps-ev.de/

Verstetigung Hygiene

Das Evangelische Klinikum Bethel wurde mit dem Siegel "Qualität und Transparenz" durch die Interreg Deutschland Nederland ausgezeichnet.

https://www.deutschland-nederland.eu/ _blank