Kanu – Gemeinsam weiterkommen
Die psychische Belastung bzw. Erkrankung eines Elternteils oder beider Eltern hat Auswirkungen auf die gesamte Familie, denn auch die Kinder befinden sich dadurch in der Regel in einer belastenden Lebenssituation. Hier setzt das Präventionsangebot Kanu an: Unter dem Motto „Gemeinsam weiterkommen“ bietet Kanu Gesprächs- und Beratungsmöglichkeiten für betroffene Familien. Ziel des Angebotes ist es, Familien bei der Bewältigung ihrer Situation zu unterstützen und auf diesem Wege nachhaltig dazu beizutragen, das Risiko einer psychischen Erkrankung der Kinder zu senken.
Ein Präventionsangebot für Familien mit einer elterlichen psychischen Erkrankung
- Teilnehmen können Familien mit Kindern im Alter von 6 bis 14 Jahren, in denen ein oder beide Elternteil(e) psychisch belastet sind oder an einer Depression, einer bipolaren Störung, einer Schizophrenie, einer Angsterkrankung, einer Abhängigkeitserkrankung oder einer sonstigen psychischen Erkrankung bzw. Belastung leiden.
- An 10 aufeinander aufbauenden Terminen treffen sich Eltern und Kinder jeweils montags von 16:30 Uhr bis 18:00 Uhr in parallelen Gruppen. Die Gruppentreffen finden i.d.R. in der Tagesklinik Ost des Evangelischen Klinikums Bethel statt. Elternpaare bzw. Alleinerziehende können gerne auch in Begleitung einer Vertrauensperson teilnehmen.
- Begleitend zu den Gruppenterminen werden Eltern-, Kinder- und Familiengespräche angeboten.
- Als ergänzendes und langfristiges Angebot für Familien mit besonderem Bedarf können Patenschaften für die Kinder vermittelt werden.
Angebote
Kanu-Café
Für alle am Kanu-Angebot Interessierten sowie alle Ehemaligen bietet unser monatliches Kanu-Café Gelegenheit zum gemütlichen Beisammensein. Hier treffen sich ehemalige Kanu-Familien wieder, es wird geklönt, Erfahrungen werden ausgetauscht und neue Kontakte geknüpft. Der große Garten mit Spielplatz lädt die Kinder zum ausgelassenen Spielen und Toben ein.Für Familien, die sich für eine Kanu-Teilnahme interessieren, besteht hier eine gute Gelegenheit, das Kanu-Team und die Kanu-Atmosphäre einmal ganz unverbindlich und ohne Druck oder Verpflichtungen kennenzulernen.
Wo und wann? Das Kanu-Café findet an jedem letzten Freitag eines Monats von 16:00 bis 18:00 Uhr im Haus des Kinderschutzbundes in der Ernst-Rein-Str. 53 in 33613 Bielefeld statt. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen bzw. auf ein Kennenlernen!
Elterngruppe
Eltern mit einer psychischen Belastung oder Erkrankung bzw. deren Angehörige machen sich häufig besonders viele Gedanken um die Erziehung und Entwicklung ihrer Kinder. Die Befürchtung, auf Grund der seelischen Belastung den Anforderungen des Erziehungsalltages und den Bedürfnissen ihrer Kinder nicht gerecht werden zu können, wird von der Mehrheit der Kanu-Eltern geteilt. Die Elterngruppe bietet die Gelegenheit, sich mit anderen Müttern und Vätern über die Herausforderungen, vor die eine psychische Erkrankung die ganze Familie stellen kann, auszutauschen, Möglichkeiten für eine Bewältigung des Familienalltags zu besprechen und neue Kraft zu schöpfen.
Die Eltern erhalten vom Kanu-Team „Werkzeuge“ an die Hand für ein Erziehungsverhalten, welches die Entwicklung ihrer Kinder positiv unterstützen kann. Themen sind u.a. aktives Zuhören, Ich-Botschaften, Lob und Ermutigung, Grenzen setzen, Konsequenzen und Strafe sowie der Umgang mit Konflikten.
Ein zentraler Aspekt der Gruppenarbeit ist der Umgang mit der Erkrankung gegenüber dem Kind bzw. den Kindern. Fragen wie „Wie viel und welche Informationen über die Erkrankung sollte/muss mein Kind haben?“, „Wie erkläre ich meinem Kind altersentsprechend etwas über meine Erkrankung?“ werden gemeinsam diskutiert und Lösungsmöglichkeiten besprochen.
Kinder- und Jugendlichengruppe
Eine psychische Erkrankung der Eltern stellt nicht nur für die Mütter und Väter selbst, sondern in der Regel auch für ihre Kinder eine erschwerende Lebenssituation dar. Die elterliche Erkrankung kann zu einer gravierenden Änderung des familiären Alltags führen. Seelische Belastungen, die daraus für ein Kind resultieren können, sind u.a.: Scham- und Schuldgefühle, mangelnde Orientierung, Schweigegebot, Angst, „Parentifizierung“ (d.h. das Kind übernimmt die soziale Rolle des Erwachsenen) und Isolation. Darüber hinaus bergen diese Belastungen ein erhöhtes Risiko, dass die Mädchen und Jungen selbst einmal Verhaltensauffälligkeiten bzw. psychische Erkrankungen entwickeln.
In der Kinder- und Jugendlichengruppe treffen sich 6- bis 14-Jährige, die sich in der Lebenssituation befinden, in einer Familie aufzuwachsen, deren Alltag in unterschiedlicher Ausprägung durch die Erkrankung der Eltern bestimmt wird. Als Gegengewicht zu Ausgrenzungs- und Stigmatisierungserfahrungen, denen viele der Mädchen und Jungen in ihrem sozialen Umfeld begegnen, bietet die Kanu-Gruppe „Normalität“ in zweifacher Hinsicht: Die Kinder und Jugendlichen erfahren in vertrauensvoller Atmosphäre zum einen, dass psychische Belastungen und Erkrankungen Bestandteil des alltäglichen Lebens sind, zum anderen können sie ganz Kind bzw. Jugendlicher sein, ausgelassen toben, kreativ sein, den Kontakt zu anderen Kindern genießen.
Das gemeinsame Spiel und das kreative Arbeiten stärken die sozialen Fähigkeiten der Mädchen und Jungen. Die aufbauenden Erlebnisse in der Gruppe sowie Übungen zu den eigenen Stärken und Gefühlen unterstützen die positive Entwicklung von Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein.
Rollenspiele und Geschichten dienen als Gesprächseinstieg und -anregung für das Thema „psychische Erkrankungen“. Die Kinder werden motiviert, über ihren eigenen Familienalltag zu berichten, und sie werden einfühlsam und altersgerecht über verschiedene Krankheitsbilder und -symptome informiert.
Eltern-, Kind- und Familiengespräche
Begleitend zu den Gruppen werden sowohl mit der Familie gemeinsam als auch mit einzelnen Familienmitgliedern ein oder mehrere Gespräche geführt. Dabei geht es vor allem um die Auswirkungen der psychischen Erkrankung auf das Familiensystem, insbesondere auf die Kinder, sowie um vorhandene Stärken und Bewältigungsmöglichkeiten.
Gemeinsam wird besprochen, ob die jeweiligen Familien noch weitere Unterstützung benötigen (z.B. eine Sozialpädagogische Familienhilfe oder einen Therapieplatz), und wo sie diese bekommen können.
Die Kinder und Jugendlichen nutzen die Einzelgespräche gerne, um Fragen zu stellen, die sie in der großen Gruppe nicht zu fragen wagen, oder die sie noch einmal individuell beantwortet haben möchten, z.B. detaillierte Fragen zur Erkrankung der Eltern (Vererbarkeit, Heilungschancen für die Eltern). Sie erzählen über Probleme in der Schule und mit Freunden, und gemeinsam wird überlegt, welche Lösungsmöglichkeiten in Frage kommen können.
In Vorbereitung für ein Familiengespräch können die Mädchen und Jungen Fragen oder Anliegen benennen, die sie mit der Unterstützung des jeweiligen Kanu-Teammitgliedes ansprechen möchten (z.B., dass Mutter oder Vater ehrlich auf Fragen nach ihrem Befinden antworten sollen, oder dass sie sich mit den Aufgaben im Haushalt überfordert fühlen).
Weiterführende Informationen
Links
Homepage des Kinderschutzbundes Bielefeld
Die „Fachstelle Kinderschutz“ des Jugendamtes Bielefeld
Die "Schulstation" an der Hamfeldschule Bielefeld
Wildwasser Bielefeld e.V. – dezidierte Angebote für Frauen
Gesundheitspreis 2011 des Landes Nordrhein-Westfalen für Kanu
Prävention für Familien mit psychisch kranken Eltern. Bedarf, Koordination, Praxiserfahrungen von Ullrich Bauer, Anke Reinisch, Miriam Schmuhl (Hrsg.): Springer VS Verlag für Sozialwissenschaften (Wiesbaden) 2012
Artikel: „Treibsandkinder“ in unserer Gesellschaft von Franz-Josef Hücker
Kontakt
Deutscher Kinderschutzbund (DKSB)
Tel.: 0521 977978-15 (Anrufbeantworter)
kanu@kinderschutzbund-bielefeld.de
Evangelisches Klinikum Bethel (EvKB)
Tel.: 0521 772-78498 (Anrufbeantworter)
kanu@evkb.de
Paten gesucht!
Für einzelne Kinder in unserem Kanu-Angebot (Alter ca. 6 – 10 Jahre) suchen wir Menschen ab 22 Jahre, die gerne auf ehrenamtlicher Basis 1 mal pro Woche etwas mit ihrem „Kanu-Patenkind“ unternehmen möchten. Weitere Infos dazu finden Sie im Download-Bereich.
Audio
WDR 5 Innenwelt – das psychologische Radio über Kinder psychisch belasteter Eltern vom 25.07.2024
Klinikforum ONLINE: Familien im Rollentausch – wenn Kinder sich um Eltern sorgen
Im Klinikforum Online vom 9. März 2021 haben wir die beiden Projekte CHIMPS-NET und KANU vorgsetellt.
Hier finden Sie die Aufzeichnung.