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Hongkong-Grippe: Die vergessene Pandemie

Im Winter 1969/70 standen Kliniken in Deutschland kurz vor dem Zusammenbruch. Ein Virus infizierte die Menschen – die Hongkong-Grippe. Ein Interview der "Wirtschaftswoche" mit Medizinhistoriker Wilfried Witte über die fast vergessene Pandemie.

Privatdozent Dr. Wilfried Witte, Gastwissenschaftler am Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin an der Berliner Charité sowie Oberarzt am Evangelischen Klinikum Bethel.
Privatdozent Dr. Wilfried Witte, Gastwissenschaftler am Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin an der Berliner Charité sowie Oberarzt am Evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld.
Privatdozent Dr. Wilfried Witte, Gastwissenschaftler am Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin an der Berliner Charité sowie Oberarzt am Evangelischen Klinikum Bethel.
Evangelisches Klinikum Bethel (EvKB)
Privatdozent Dr. Wilfried Witte, Gastwissenschaftler am Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin an der Berliner Charité sowie Oberarzt am Evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld.

„Es gab keinen Christian Drosten der 68er“

Ein neuartiges Virus taucht im asiatischen Raum auf und verbreitet sich von dort rasend schnell, befällt innerhalb von Monaten ganze Länder und überquert Ozeane. Es sind nicht mehr nur Menschen in Asien davon betroffen. Jetzt erkranken sie auch in Amerika und Europa.

Das hier beschriebene Szenario klingt ganz nach dem Drehbuch der aktuellen Coronapandemie – ist es aber nicht. Schon einmal, vor etwa 50 Jahren, sorgte ein Virus für eine pandemische Situation, ähnlich wie der heute. Nur ist sie lange nicht so bekannt wie die Spanische Grippe oder die Sars-Epidemie Anfang der 2000er-Jahre. Zwischen 1968 und 1970 starben weltweit schätzungsweise zwischen einer und vier Millionen Menschen an der sogenannten Hongkong-Grippe. Dort trat das Virus A(H3N2) zum ersten Mal Mitte 1968 auf. Deutschland erreichte das Virus kurze Zeit später. Anfang 1969 gab es hierzulande die ersten Fälle. Die Lage spitzte sich aber erst im Winter 69/70 dramatisch zu. Bis zu 40.000 Menschen starben an oder mit der Hongkong-Grippe. Wie viele am Ende dem Virus genau zum Opfer gefallen sind, ist bis heute nicht bekannt. Ein einheitliches Surveillance-System, also die zentrale Erfassung und Analyse epidemiologischer Daten, gab es damals noch nicht.

Ein Interview mit Privatdozent Dr. Wilfried Witte, Gastwissenschaftler am Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin an der Berliner Charité sowie Oberarzt am Evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld, über eine fast vergessene Pandemie.

WirtschaftsWoche: Herr Witte, wie können wir uns die Situation im damaligen geteilten Deutschland vorstellen, als die Hongkong-Grippe im Winter 1969/70 ihren Höhepunkt erreichte?
Wilfried Witte: Deutschland wurde stark von der zweiten Welle dieser Pandemie getroffen. Im Winter 1969 stieg die Zahl der Patienten und Patientinnen plötzlich schnell an. Erst da nahm die Öffentlichkeit die Bedrohung wirklich wahr. Viele Krankenhäuser waren damals schnell überfüllt. Das stellte die Behörden vor große Probleme, denn man wusste nicht, wohin die Erkrankten sollten. Teilweise lagen Menschen auf den Fluren der Krankenhäuser.

Also waren die Krankenhäuser und Behörden nicht auf diese Situation vorbereitet?
Auch bei Ressourcenknappheit wurde keines großen Aufhebens um die Hongkong-Grippe gemacht. Die Kapazitätsgrenze wurde vielerorts insbesondere im Dezember 1969 und Januar 1970 überschritten. In Westberlin skandalisierte die Presse die Verhältnisse. Hintergrund war eine Auseinandersetzung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und Gesundheitspolitikern. Denn nicht nur die Krankenhäuser waren überfüllt, sondern auch der ärztliche Bereitschaftsdienst der Vereinigung in Windeseile überfordert. Die Hongkong-Grippe traf Deutschland mitten in den Winterferien. Viele Ärzte waren damals im Urlaub, was schnell dazu führte, dass sich Bereitschaftsärzte vor Arbeit kaum retten konnten.

Wie konnten die anwesenden Ärzte denn die Patienten behandeln?
Damals kümmerte sich noch hauptsächlich die Innere Medizin um die Erkrankten. Zwar gab es schon die Intensivmedizin, diese hatte nur nicht ansatzweise dasselbe Ausmaß und dieselbe Entwicklung, wie wir es heute kennen. Es sind nur die wenigsten Infizierten auf der Intensivstation gelandet. Vielmehr stand eine symptomatische Behandlung der Kranken im Vordergrund, also das Bekämpfen von Fieber und Infektionen mit Antibiotika, Amantadin oder Sauerstoff.

Heute ruhen viele Hoffnungen auf einen Impfstoff. War das damals auch so?
Impfstoffe gab es zwar, aber sie spielten keine große Rolle. Es dauert damals zu lange, bis es ausreichend Impfstoff gegeben hätte. Zwar waren zwei Firmen in der BRD in der Lage, Impfstoff zu produzieren, diese waren aber sehr ausgelastet. Dazu kam, dass es damals noch gar keine breite Überzeugung unter den Experten gab, dass eine Grippe-Impfung sinnvoll ist. Es standen auch nicht so ausgereifte Impfstoffe wie heute zur Verfügung. Sie waren zwar wirksam aber kaum zu 90 Prozent oder mehr, wie wir es heute kennen. Es kam zu Impfungen in Betrieben und durch Amtsärzte. Letztlich scheiterten die Massenimpfungen eher an der Frage des Geldes. Es gab nur vereinzelt eine Einigung darüber, ob Kommunen, Krankenkassen oder die Infizierten selbst die Impfung zahlen sollten.

Dass sich die Coronapandemie so schnell über den Globus ausbreiten konnte, hängt auch mit der internationalen Vernetzung zusammen. Spielte dieser Faktor auch schon 1968 eine Rolle?
Das ist definitiv eine Parallele, die sich ziehen lässt. In den 1950er- und 60er Jahren nahm der internationale Waren- und Personenverkehr deutlich zu. Zunächst noch über klassische Wege wie die Eisenbahn oder den Schiffsverkehr. Bezogen auf Epidemien änderte sich das aber mit dem Beginn der Hongkong-Grippe. Diese Pandemie war die erste, bei der der internationale Flugverkehr eine zentrale Rolle als Verteiler des Virus spielte. Die problematischen Seiten der Globalisierung kamen zum Tragen. Die Personen, die das Virus verbreiteten, waren nicht zuletzt Vietnamkriegs-Rückkehrer. Die Soldaten, die Asien Richtung USA verließen, hatten oft die Grippe im Gepäck.

Sprechen wir über die Berichterstattung zu der Zeit der Hongkong-Grippe: Wurden damals schon in Medien Experten aus der Wissenschaft zu Rate gezogen?
Die Anzahl der Berichte stieg natürlich an, je stärker die Bundesrepublik von der Pandemie betroffen war. Zu dieser Zeit wurden auch Epidemiologen und Virologen befragt und zitiert. Aber das hatte nicht die Breitenwirkung, wie wir sie heute kennen. Einen Christian Drosten der 68er hat es damals nicht gegeben. Trotz der Skandalisierung der örtlichen Verhältnisse beispielsweise in Westberlin war die Situation weniger von Bedrohungsszenarien geprägt. Es ging mehr um Fragen zu den Strukturen im Gesundheitswesen: sind Ambulatorien wie in der DDR sinnvoll oder des Teufels? Wie kann man der Überfüllung in den Krankenhäusern Herr werden?

Und wie war die Stimmung in der Bevölkerung?
In der Zeit standen andere Themen im Vordergrund, zum Beispiel die Studentenbewegung, der „Prager Frühling“ oder politische Attentate. Befürchtungen in der Bevölkerung, dass man von einer Pandemie überrollt werden könnte, gab es damals kaum. Die Hongkong-Grippe hatte in der Öffentlichkeit lange nicht so eine Präsenz, wie sie die Coronapandemie heute hat. Das lag auch daran, dass es kaum Maßnahmen gab, die das öffentliche Leben in der Breite so einschränkten, wie das aktuell der Fall ist.

Waren die wirtschaftlichen Folgen durch die Hongkong-Grippe deswegen nicht so schlimm?
Die Zeit der Hongkong-Grippe ist in Bezug auf ökonomische Auswirkungen nicht besonders stark erforscht. In der Bundesrepublik soll es zu einer zusätzlichen Belastung durch Gehaltsfortzahlungen und Krankengeld in Höhe von etwa 300 Millionen D-Mark gekommen sein. Eine Analyse vom Herbst 2020 hat ergeben, dass die durchschnittliche Mortalitätsrate von über 50 Ländern assoziiert war mit einem Abfall bei den Faktoren Konsum, Produktion, Produktivität und Investitionen um etwa ein bis zwei Prozent. Insgesamt ist der wirtschaftliche Schaden gering gewesen.

Wir kommen zum Ende unseres Gesprächs, daher meine letzte Frage an Sie: Wie endete diese Pandemie?
Jede Pandemie geht irgendwann zu Ende. Das ist prägend für die Menschheitsgeschichte. Es ist davon auszugehen, dass sich in der Bevölkerung eine Herdenimmunität entwickelt hatte, als sich die Hongkong-Grippe ihrem Ende zuneigte. Im Frühjahr 1970 gingen die Fallzahlen zurück, nachdem sie im vorherigen Winter sehr stark angestiegen waren. Das Virus selbst ist dadurch aber nicht verschwunden. Es existiert weiterhin, stellt für den Menschen aber nur noch vereinzelt eine Gefahr dar, bei der saisonalen Grippe.

Das Interview führte Lucas Tenberg, Mit freundlicher Genehmigung der Wirtschaftswoche (wiwo.de)

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